Znak ZRC   Inštitut za arheologijo ZRC SAZU

DIE METHODE DER VERKNÜPFUNG DER RETROGRADEN KATASTERANALYSE MIT SCHRIFTLICHEN UND ARCHÄOLOGISCHEN QUELLEN

Andrej Pleterski

3 Die archäologische Quellen

Die schriftlichen Quellen des 11. Jh. sind für die Bleder Region die ältesten. Es gibt jedoch noch Dörfer mit zahlreichen Entwicklungsstufen, für die sogar diese Quellen nicht den Entwicklungsbeginn erklären können, da sie zu jungen Datums sind. Eine weitere Beleuchtungsmöglichkeit bieten für die Zeit vor dem 11. Jh. die arhäologischen Quellen aus der altslawische, frühmittelalterlichen Periode. Von diesen sind am unmittelbarsten die Überreste von Siedlungen und Nekropolen. Diese stehen in Zusammenhang nur mit jenen Bebauungsflächen des franziszeischen Grundkatasters der Bleder Region, die im Frühmittelalter genutzt wurden, dagegen nicht mit den erst seit dem 11. Jh. gerodeten Flächen.

3.1 Die frühmittelalterliche Siedlung - das gegenwärtige Dorf - die Dorfflur - die retrograde Analyse des Grundkatasters - die frühmittelalterliche Nekropole

In der Bleder Region wurden Spuren altslawischer, frühmittelalterlicher Siedlungen an drei Stellen gefunden. In zwei Fällen (Blejski grad, Pristava) von den gegenwärtigen Dörfern entfernt, in einem Fall inmitten des jetzigen Dorfes Zasip. Die Siedlungen in Zasip und in Pristava liegen im Randbereich der Dorfflur, die Blejski grad ist davon abgerückt, da sie nach dem bisherigen Wissen nicht ein gewöhnliches, Landwirtschaft betreibendes Dorf war, sondern ein Burgwall. Zasip weist auf die Wahrscheinlichkeit einer ununterbrochenen Besiedlung des Dorfraumes hin, Pristava hingegen auf unterbrochene Besiedlung bei gleichzeitiger ununterbrochener Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen. Die retrograde Analyse des Grundkatasters und die Schriftquellen zeigen, daß die Flur der Bleder Burg (Župa, III.9.c.) und von Pristava (Župa, III.11.č.) aufs neue geteilt wurde, im ersten Fall am Ende des 10. Jh., im zweiten im 11. Jh., während die Flur von Zasip Entwicklungsstufen aufweist, die in die Zeit vor dem 11. Jh. fallen (Župa, III.1.c.).

Viel besser als die Siedlungen sind in der Bleder Region die altslawischen Nekropolen bekannt. Anhand von Fundgut sind zehn nachgewissen, topographische Angaben deuten die Existenzmöglichkeit vierer an, die retrograde Analyse des Grundkatasters noch dreier. Von der vermutlichen Gesamtzahl von siebzehn Nekropolen sind folglich zehn besser oder schlechter bekannt. Im folgenden wird die Rede lediglich von diesen drei Fünfteln sein, die schon allgemeinere Umrisse ergeben. Zwei Nekropolen liegen bei Kirchen und reichen so über die dörflichen Rahmen hinweg. Für die oben angeführten Verknüpfungen sind sie weniger aussagekräftig und wir werden sie nicht einbeziehen. Folglich bleiben noch acht Fälle übrig.

Fünf liegen in gegenwärtigen Dörfern oder daneben. Von den übrigen dreien befinden sich zwei neben ehemaligen Siedlungen, für die dritte Nekropole ist dies noch nicht nachgewiesen. Die fünf erstgenannten erstrecken sich neben der Flur, die übrigen drei sind mehr oder weniger davon entfernt. Die eingehendere Untersuchung hat ergeben, daß sie zu Siedlungen gehören, die einen nicht ausschließlich agrarischen Charakter hatten. Laut der retrograden Analyse des Grundkatasters liegen von den ersten fünf Nekropolen nur zwei neben einer Flur, die nicht sekundär Ende des 10. Jh. oder im 11. Jh. aufgeteilt wurde, von den übrigen dreien aber überhaupt keine.

Aus dem Angeführten läßt sich entnehmen, daß es Dörfer gibt, die im Frühmittelalter entstanden sind und deren Fluraufteilung sich ununterbrochen bis heute entwickelt hat. Ferner gibt es Dörfer, die im selben Zeitraum entstanden sind, deren Flur jedoch im Laufe der Jahrhunderte zumindest eine Wandlung erlebte; desgleichen wandelte sich auch die Siedlung, die an ihrer alten Stelle bleiben konnte, oder es konnte auch eine neue an anderer Stelle entstehen. Für die unzweideutige Verknüpfung des Planes der Dorfentwicklung und der Nekropole müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Wichtig sind nur die Dörfer mit ganz ununterbrochener Entwicklung, deren Dorfflur nicht sekundär aufgeteilt wurde. Das ist die erste Bedingung. Die zweite ist, daß die Gesamtnekropole eines solchen Dorfes erforscht worden ist. Beide Bedingungen sind bei Zgornje Bodešče erfüllt worden.

3.2 Der Fall Zgornje Bodešče

Getrennt wurden die Aufgliederung der Nekropole und die Rekonstruktion der Dorfentwicklung nach der oben beschriebenen Methode der retrograden Analyse des Grundkatasters durchgeführt (Župa, III.3.b.,c.).

Die Keuschlergrundstücke (Nr. 1 - 10 und 27) liegen nur auf dem südlichen Teil der geschlossenen Dorfflur (Abb. 12). Der Dorfflur östlich des Dorfes verflechtet sich teilweise mit dem Flur des Nacbardorfes (Nr. 24). Die fruchtbarsten Äcker liegen nordöstlich des Dorfes. Es ist zu sehen, daß der Besitz der 13 und 14 sich mischt. Die beiden zussammen haben 2,9 ha Äcker. Auch der Besitz von 15 und 16 sich mischt. Ihre Äcker messen gemeinsam nur 1,7 ha. Demgemäß geht es um junge Zerspaltungen, was auch die Lage der Häuser von 13 un 16 ausserhalb des Dorfhauptkerns bestätigt. Im Ganze ist zu bemerken, daß die Besitzgrundstücke sich in zwei Gruppen einordnen; die erste hat zwei Huben - 11, 14 (samt 13), die zweite hat drei Huben - 15 (samt 16), 17, 18. Es ist möglich zwei Bebauungseinheiten zu rekonstruieren (Abb.13), die jede mehr als 5 ha Äcker haben. Südlich des Dorfes haben sie beide je eine grosse Wiese. Auf dem schlechteren Flur nordwestlich des Dorfes verflechten sich ihre Besitzgrundstücke mehr als auf dem besseren Flur nordöstlich des Dorfes. Das zeigt, daß ursprünglich nur mit einer Bebauungseinheit zu rechnen ist, die 6,3 ha grosses Feld nordöstlich des Dorfes hatte (Abb. 14).

Das Entwicklungsbild sieht so aus. Das Dorf Zgornje Bodešče, ursprünglich nur Bodešče genannt, entstand durch Besiedlung aus dem Raum des Nachbardorfes, wo sich gegenwärtig das Dorf Spodnje Bodešče befindet. Zunächst war es nur eine einzige Bebauungseinheit (Abb. 14). Sie hatte ihre Flur nördlich und nordöstlich des Dorfes, wo der Boden besser ist. Darauf wurde sie in zwei Teile aufgeteilt (Abb. 13). Die zwei neuen Bebauungseinheiten (14, 18) teilten die alte Flur untereinander auf und rodeten sich eine neue auf dem schlechteren Boden westlich des Dorfes. Beide Einheiten gestalteten sich dann innerhalb ihres Rahmens so um, daß auf 14 zwei Familien, auf 18 aber drei lebten. Später wurde die Flur den einzelnen Familien zur Bearbeitung zugeteilt und es entstanden folgende Huben: aus 14 - 11 und 14, aus 18 - 15, 17 und 18. Schließlich wurden im Laufe der Zeit noch die Huben 14 und 15 aufgeteilt: 14 in 13 und 14, 15 in 15 und 16 (Abb. 12).

Die Schriftquellen besagen, daß es zur Aufteilung in die einzelnen Huben schon vor der Mitte des 12. Jh. gekommen sein muß. Die Huben 11 und 17 werden nämlich bereits in den Jahren 1165-1170 erwähnt. Obwohl die Huben 14 und 18 in den Schriftquellen erst 1579 erwähnt werden, ist dies nur der schlechten Erhaltung der Quellen zuzuschreiben. Die Hube 14 wurde schon vor dem Jahr 1253 in die Huben 13 und 14 aufgeteilt. Damals wird die Hube 13 schon erstmals zugleich mit der Hube 15 angeführt. Zur Aufteilung von 15 in 15 und 16 kam es nach dem Jahr 1609. - Die Anfangsstufen der Entwicklung der Fluraufteilung werden in den Schriftquellen nicht gedeutet.

3.2.1 Die altslawische Nekropole Dlesc pri Bodeščah

Die zur Gänze erforschte Nekropole liegt 150 m nordöstlich des Dorfes, am Wege, auf dem Osthang eines Gletscherhügels. Der Friedhofsraum war nach Geschlecht und Alter der Verstorbenen, nach der Gräberorientierung, der Sorgfältigkeit der Bestattungen und der Belegungszeit aufgeteilt (vgl.: Knific T., Pleterski A., Staroslovansko grobišče Dlesc pri Bodeščah. - Die altslawische Nekropole Dlesc pri Bodeščah. - Arheološki vestnik 32, 1981, 482-532. Im folgenden: Dlesc). Die Nekropole ist schon anhand der eingebürgerten Teilung der Kultur der karantanischen Slawen in die karantanische und Köttlacher Zeitstufe aufgegliedert worden (Dlesc, Abb. 33). Es ist jedoch eine noch genauere Aufgliederung möglich. Dabei stützte ich mich auf die Zeitaufteilung der nahe gelegenen Nekropole Sedlo na Blejskem gradu (Pleterski A., časovna izpovednost plastovitosti staroslovanskega grobišča Sedlo na Blejskem gradu. - Stratigraphy of the Old-Slavic cemetery Sedlo na Blejskem gradu as a source for datation. - Arheološki vestnik 33, 1982, 134-150. Im folgenden: Sedlo). Dabei hat sich erwiesen, daß es möglich ist, auch die Nekropolen der karantanischen Slawen mittels gleichzeitiger Anwendung der Stratigraphie und Typologie nach Generationen zu erörtern. Auf Sedlo erfolgten die Bestattungen von vier aufeinanderfolgenden Generationen. Die ersten drei hielten sich an eine bestimmte Ordnung, die vierte nicht mehr. Mit Hilfe einiger gegenstände, die im breiteren Raum zu finden sind, konnte der Zeitabschnitt, in dem die einzelnen Generationen bestattet wurden, ziemlich genau bestimmt werden. Beim Vergleich beider Nekropolen stellt sich heraus, daß sie zeitlich gleich aufgegliedert sind.

3.2.2 Die relative Chronologie der Gräber auf Dlesc

Am ältesten sind die Gräber 14 und 44 (Abb. 15: A). - Beide stellen Ausnahmefälle dar. Sie waren durch eingerammte Pfähle bezeichnet und die übrigen Gräber richteten sich nach ihnen. Grab 14 war absichtlich als leeres Grab - Zenotaph - angelegt. Das Grab lag parallel zum vorüberführenden Weg. Daneben entwickelte sich der für Kinder vorgesehene Friedhofsteil. Über dem Grab befand sich ein Grab der zweiten Gruppe (6). Im Grab 44 war ein Kind beigesetzt, rechtwinkelig auf die Richtung der übrigen Gräber; es lag auf der rechten Hüfte, mit gekrümmten Beinen. Um das Grab erstreckt sich ein leerer Raum, um den schon die Gräber der ersten Gruppe einen Bogen machen. Scheinbar setzte mit diesen zwei Gräbern die Belegung der Nekropole ein und sie bestimmten das Areal der Nekropole.

Abb. 15. Dlesc - Bodešče. Legenda der Gräberfarben: schwarz - erwachsener Mann, schwarz-weiss - erwachsene Frau, weiss - andere. A - Anfang der Belegung, B - erste Generation, C - zweite Generation, D - dritte Generation, Punkt - Gräber der vierten Generation.

E r s t e G r u p p e (Abb. 15: B). - Der ersten Generation im Gräberfeld Sedlo (Sedlo, 141) kann man die Gräber 4,31,34,38,43,45 vergleichen. Die erste, älteste Gruppe nimmt mit Ausnahme einiger Kindergräber den äußersten Westteil der Nekropole und somit den Scheitel des Gletscherhügels ein. In Hinblick darauf dürfen vielleicht auch die Gräber 46 und 47 hinzugezählt werden, die im selben Bereich, zwischen bestimmbaren Gräbern liegen. Demzufolge haben wir für die Gräber 4, 31, 34, 38, 43, 45, 46, 47 ihre Zugehörigkeit zur ersten Gruppe bestimmt.

Z w e i t e G r u p p e (Abb. 15: C). - Ähnliche Gegenstände wie die Gräber der zweiten Generation auf Sedlo enthalten auf Dlesc die Gräber 27, 33, 32, 6. Auch diese Gräber, außer dem Kindergrab, liegen in der Westhälfte der Nekropole, jedoch östlich der ersten Gruppe. Anhand der Horizontal- und Vertikalstratigraphie können dieser Gruppe auch die im selben Bereich liegenden Gräber 35 und 42 zugesprochen werden, bei deren Aushebung die Gräber 45 und 34 der älteren Gruppe Schaden erlitten. Vielleicht dürfte zu dieser Gruppe auch das dicht bei Grab 6 und parallel in derselben Richtung liegende Kindergrab 7 hinzugezählt werden. - Im Ganzen umfaßt die zweite Gruppe die Gräber 6, 7, 27, 32, 33, 35, 42.

D r i t e G r u p p e (Abb. 15: D). - Den Gegenständen der dritten Generation auf Sedlo (Sedlo, 141) ähneln jene aus Gräbern 8, 10, 12, 13, 21, 29, 3, 15, 16, 28. Diese Gräber erstrecken sich alle in der Osthälfte der Nekropole und bilden überdies ihren Ostrand. Ihre westliche Grenze stellen die Gräber der zweiten Gruppe dar.

Aufgrund dieser Horizontalstratigraphie, bei den Gräbern 18 und 24 auch der Vertikalstratigraphie, da sie über Grab 32 liegen, können zu dieser Gruppe noch die im selben Nekropolenteil und in denselben Reihen wie die bestimmbaren Gräber liegenden Gräber 2, 9, 11, 17, 18, 19, 20, 25 hinzugezählt werden. Der dritten Gruppe haben wir also die Gräber 2, 3, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 16, 17, 18. 19, 20, 21, 24, 25, 28, 29 zugeteilt.

V i e r t e G r u p p e (Abb. 15: D). - Derartige Gegenstände wie die Gräber der vierten Generation auf Sedlo (Sedlo, 141) haben auf Dlesc Gräber 22, 30. Grab 22 liegt etwas abseits der dritten Gruppe außerhalb ihrer regelmäßig angeordneten Reihen am Nordrand der Nekropole. Dasselbe Areal teilen noch die Gräber 23 und 1, die ich deshalb ebenso zur vierten Gruppe zähle. Folglich umfaßt diese Gruppe insgesamt die Gräber 1, 22, 23, 30. Möglicherweise gehörten dazu noch mehr Gräber, jedoch wurde gerade dieser Nekropolenteil in Vergangenheit bei der Sandgewinnung teilweise zerstört.

Die Horizontalstratigraphie zeigt deutlich die Ausdehnung der Nekropole von Westen nach Osten, vom Scheitel des Gletscherhügels über seinen Osthang hinunter in die Ebene. So war es bei den ersten drei Gruppen, die vierte setzte sich nämlich nicht in derselben Richtung fort, sondern suchte sich Raum im Norden. Es hat den Anschein, als ob die Nekropole an ein Hindernis gestoßen wäre, das ihr die geradeverlaufende Grenze setzte, bis wohin sie sich ausdehnen konnte. Da die Nekropole noch heute zwischen den Äckern von Zgornje Bodešče liegt, ist der Gedanke logisch, daß es sich um den Rain des östlich der Nekropole liegenden Ackers handelte. Als die Nekropole nicht mehr belegt wurde und sich die deutliche Erinnerung daran verloren hatte, verschob sich auch der Ackerrain ein wenig westlicher über die erste Reihe der östlichst gelegenen Gräber, wo er bis heute verblieben ist. Aufgrund des Angeführten können wir schon behaupten, daß die Äcker von Zgornje Bodešče gerodet wurden, ehe der Ostrand der Nekropole entstand, also vor dem Zeitabschnitt des Bestattens der dritten Gruppe.

Die Nekropole steht außerdem zur Äckeraufteilung noch in einem unmittelbaren Verhältnis: über die Nekropole auf dem Gletscherhügel verläuft die Parzellengrenze zwischen den Huben 17 und 18. Diese Grenze kann man sich zur Zeit der Belegung der Nekropole schlechterdings nicht vorstellen. Zur Besitzaufteilung zwischen den Huben 17 und 18 kann es erst gekommen sein, nachdem die Gräber bereits gründlich mit Gras bewachsen waren.

Dies ist jedoch nicht das Einzige, das über das Verhältnis der Nekropole zur Flur und zum Dorf gesagt werden kann. Betrachten wir, was sich erweist, wenn wir die Skelette in den Gräbern der einzelnen Gruppen als menschliche Wesen erörtern.

3.2.3 Deutung der einzelnen Gruppen

Einleitend einige allgemeine Feststellungen, die uns bei den genaueren Einordnungen behilflich sein werden.

Die Nekropole weist nicht nur eine ausgeprägte Zeitstratigraphie auf, vielmehr ist auch die gesellschaftliche Aufgliederung des Friedhofsareale gut ersichtlich. Das Areal bei Grab 14 war lediglich für Kinder reserviert (auch der Mann in Grab 6 ist zusammen mit einem Säugling begraben). Das ist zugleich der einzige Nekropolenteil, der vom Beginn bis zum Abschluß der Bestattungen belegt wurde (Dlesc, sl. 34). Gleicherweise hebt sich der zentrale Nekropolenteil ab, worin alle schönsten Gräber ausgehoben sind - die größten und tiefsten (Dlesc, sl. 28), die mehr nach Süden blicken als die anderen (Dlesc, sl, 29), in denen alle erwachsenen Männer (Dlesc, sl. 34) und nur zwei Frauen (32, 34) beigesetzt sind, während alle übrigen in den Randbereich abgedrängt waren. Das Oberhaupt der Familie war also der Mann.

E r s t e G r u p p e (Abb. 15: B). - Hier befindet sich nur das Grab eines erwachsenen Mannes, der von allen in der Nekropole Bestatteten das höchste Alter erreichte (Grab 43). Erwachsene Frauen gibt es zwei (die Gräber 34, 45). In den Gräbern 4, 46 war je ein Mädchen, das Übrige sind Kinder. So ersteht vor uns das Bild einer Familie, Mann (43) mit daneben bestatteter Gattin (34). Wer die Frau in Grab 45 ist, ob Großmutter, Nebenfrau, Dienerin, wissen wir nicht. Die übrigen Gräber enthalten verstorbene Kinder.

Z w e i t e G r u p p e (Abb. 15: C). - Diese umfaßt nicht weniger als vier Gräber erwachsener Männer (6, 27, 33, 42), von denen einer (42) in jüngeren Jahren gestorben ist als die anderen drei. Bei ihm wurde ein Volutenmesserchen gefunden, aufgrund dessen sich auf die "vagabundenhafte" Lebensweise des Eigentümers schließen läßt (vgl.: Pleterski A., Nožiči z zavojkoma v zgodnjem srednjem veku. - The early mediaeval knives with two volutes. - Arheološki vestnik 34, 1983, 386), der durch die Welt streifte und dann nach Hause kam, um da zu sterben, wonach er zwischen den Gräbern des Vaters? (43) und der Mutter? (34) zur letzten Ruhe gelegt wurde. Auch der zusammen mit einem Säugling im Kinderteil der Nekropole in Grab 6 begrabene Mann war den anderen nicht glichberechtigt, sonst wäre er ja im Männerbereich beigesetzt worden. Als wahre Familienoberhäupter können wir nur die Männer aus den Gräbern 27 und 33 betrachten. Und tatsächlich sind diese zwei Verstorbenen am sorgfältigsten bestattet. Einer (33) lag in einem einfachen Sarg (Dlesc, sl. 12 - 18), der andere (27) in einer mit großen Steinen belegten und mit einem Brett überdeckten Grabgrube (Dlesc, sl. 5). Erwachsene Frauen waren nur zwei (32, 35), das übrige Kinder. Das Grundbild, das sich so ergibt, ist: zwei Männer (27, 33) mit ihren Gattinnen (32, 35).

D r i t t e G r u p p e (Abb. 15: D). - Hier sind die meisten Männergräber. Fünf erwachsene Männer (2, 3, 18, 19, 28) und noch das Skelett eines Erwachsenen, das wir wegen des beigegebenen Messers (in dieser Periode und in diesem Raum ein typischer Männergegenstand) als das Skelett eines Mannes ansehen dürfen (15). Doch liegt dieses Skelett zusammen mit zwei Kindern , ein wenig entfernt von der Männergruppe der vorher angeführten fünf Gräber, deshalb fasse ich es, als nicht gleichberechtigt auf. Die erwähnten fünf Männer liegen in drei Reihen, 2 und 3, 18 und 19 sowie westlich zwischen ihnen 28. Auch Frauengräber sind in erheblicher Anzahl vertreten (8, 10, 11, 12, 13, 29). In den Gräbern 11, 13, 29 sind sie noch im Mädchenalter, eines von ihnen (29) ist sogar zwischen Kindern begraben und deshalb halte ich es nicht als gleichberechtigt mit den anderen fünf Frauen. Diese sind in einer Reihe begraben, die zugleich den Nekropolenrand bildet, und zwar relativ gleichmäßig, dennoch so, daß zwischen 8, 10 und 11, 12, 13 ein etwas größerer Abstand ist. Die übrigen Gräber sind Kindergräber. Im Ganzen betrachtet ergibt sich das Bild von fünf Männern (2, 3, 18, 19, 28) mit fünf Frauen (8, 10, 11, 12, 13). Bei beiden deutet sich zugleich die Aufgliederung in zwei Gruppen an: drei Männer (18, 19, 28) und drei Frauen (11, 12, 13) sowie zwei Männer (2, 3) und zwei Frauen (8, 10).

Überdies zeichnet sich in der dritten Generation eine unglaublich planmäßige Bestattungsweise ab, deswegen die Gräber eine Art gleichschenkliges Dreieck bilden (Abb. 15: D), das auf das besondere Kindergrab 44 hinweist. Seinen Scheitel bilden das Männergrab 28 und links und rechts daneben je ein Kindergrab - 24 und 25. Den unterteil der Höhe des Dreiecks bilden die Männergräber 18 und 19, rechts davon liegen die drei Jungengräber 15-17, links die drei Mädchengräber 20, 21, 29. Eine so ausgeprägte Symmetrie kann kein Zufall sein, doch wäre irgendwelche Deutung noch verfrüht.

V i e r t e G r u p p e (Abb. 15: D). - Diese ist die jüngste und enthält keine Männergräber, sondern nur Frauengräber (22, 23) und ein Kindergrab (30). Mit ihnen hört die Belegung der Nekropole Dlesc auf. Die anderen Verstorbenen, die zu dieser Gruppe gehören würden, wurden in einem nach christlichem Ritus geweihten Areal neben einer nahe gelegenen Kirche beigesetzt. - Die unplanmäßige Bestattungsweise dieser Gruppe stimmt mit den unplanmäßigen Bestattungen der vierten Generation auf Sedlo überein. Das ist eine zusätzliche Ähnlichkeit, durch welche die zeitliche Gleichsetzung beider Nekropolen gestützt wird.

Aufgrund der vorgelegten eingehenden Analyse ist ersichtlich, daß die einzelnen Zeitgruppen auf Dlesc im wesentlichen die aufeinanderfolgenden Generationen der hier bestatteten Einwohnerschaft sind. Diese stimmt auch mit der Deutung der Zeitgruppen in der Nekropole Sedlo überein (Sedlo, 141). In Dlesc zeichnet sich also folgende Entwicklung der Einwohnerschaft ab: zunächst nur eine Familie, die sich in der folgenden Generation verdoppelt, während die neuen zwei Familien in der dritten Generation auf fünf Familien anwachsen. Diese sind indessen nach wie vor in zwei größeren Gruppen vereint, von denen die eine zwei und die zweite drei Familien in sich schließt. Zur Zeit der vierten Generation wurde das Bestatten aufgegeben. Dieses Bild wird auch von der anthropologischen Untersuchung unterstützt. Die zeigt auserordentliche Homogenität der Schädel aus dem Gräberfeld, was mit der Verwandschaft der kleinen Gruppe erklärt wird (Štefančič M., Leben-Seljak P., Antropološka analiza staroslovanskega grobišča Dlesc pri Bodeščah. - Anthropological analysis of the Old Slavic necropolis Dlesc near Bodešče. - Arheološki vestnik 43, 1992, 199 f.).

3.2.4 Verknüpfung zwischen der Nekropole und dem Plan der Dorfentwicklung

Die Entwicklung der Siedlungs- und Fluraufteilung von Zgornje Bodešče weist drei Stufen auf (Abb. 16): erste - eine ursprüngliche Bebauungseinheit (18?), zweite - zwei Bebauungseinheiten (14, 18), dritte - die Einheit 14 erweitert sich zu 11, 14, die Einheit 18 hingegen zu 15, 17, 18. Die Nekropolenentwicklung läßt folgendes wahrnehmen: erste Generation - eine Familie, zweite Generation - zwei Familien, dritte Generation - fünf Familien, verknüpft in zwei Gruppen aus je zwei und drei Familien.

Abb. 16. Bodešče. Bild der Entwicklung des Dorfes und der Nekropole. Unter den Quadraten mit den Hausnummern sind die Jahreszahlen der ersten Erwähnung.

Augenfällig ist die Gleichheit des Planes der Dorf- und der Nekropolenentwicklung. Die drei Entwicklungsstufen stimmen mit den drei Generationen in der Nekropole überein: eine Bebauungseinheit - eine Familie, zwei Bebauungseinheiten - zwei Familien, die zwei Bebauungseinheiten erweitern sich auf zwei und drei spätere Huben - zwei Familiengruppen mit je zwei und drei Familien.

Diese Gleichsetzung wird auch durch die Deutung des Namens Bodešče untermauert. Nach Ansicht des Sprachwissenschaftlers Dr. Dušan čop leitet sich dieser Ortsname vom altslawischen Personennamen Bodeh (oder Bodeš) ab. Das war der Gründer des Dorfes. Überträgt man diese Deutung auf die Nekropole, kann man sagen, daß Bodeh tatsächlich lebte. Das ist der in Grab 43, dem ältesten Grab der Nekropole, bestattete Greis. Wenn man weiß, daß es sich um den Stammvater der Sippe handelt, wundert man sich nicht über die ihm erwiesenen Aufmerksamkeiten. Sein Grab liegt auf dem Gipfel des Gletscherhügels, zugleich mit dem Leichnam wurden auch die Beigaben ins Grab gelegt, die nach Zahl, Mannigfaltigkeit und Reichtum die anderen übertreffen. Zugleich ist auch verständlich, daß seiner Gattin, der Urmutter der Sippe, Raum im Männerteil gebührte, daß sich in ihrem Grab zahlreiche und außerordentlich reiche Schmuckgegenstände befinden und daß ihr Grab das größte ist.

Was die Entwicklung der Flurformen anbelangt, ist höchst wahrscheinlich, daß Bodeh aus dem Nachbardorf, wo heute Spodnje Bodešče liegt, zugesiedelt ist, daß er sich eine neue Heimstatt an seiner Flur errichtete und für seine familie einen neuen Friedhof auf dem Gletscherhügel anlegte, der sich wie ein Inselchen zwischen seinen Äckern erhob. Nach ihm übernahmen den Besitz zwei seiner Söhne, die sich Familien gründeten, das väterliche Erbe untereinander aufteilten und sich einiges Neuland rodeten. Nach ihrem Tode übernahmen den Besitz ihre Nachfahren. Es kam jedoch zu einer wesentlichen Veränderung.

Wir haben gesehen, daß es zur Besitzaufteilung zwischen den Einheiten 17 und 18 und damit zur inneren Aufteilung der zwei vorherigen Besitze erst nach der Aufgabe der Nekropole gekommen war. Die Entwicklung in zwei Familiengruppen (11, 14 und 15, 17, 18) ist indessen in der Nekropole schon in der dritten Generation zu erkennen. Das läßt sich dadurch erklären, daß in der dritten Generation der Besitz nicht mehr zerteilt wurde, daß es auch in der dritten Generation nur zwei Eigentümer gab, während die Weise der Beschaffung des Lebensunterhalts es ermöglichte, daß sich fünf Familien durchbringen konnten. Da aber die Zahl fünf die obere, von den natürlichen Gegebenheiten zugelassene Grenze war, veränderte sie sich nicht bis zum Zeitpunkt, als jede Familie eigenes Land zur Bearbeitung zugewiesen erhielt.

Die Nekropole von Bodešče ermöglicht auch die rahmenmäßige absolute Chronologie. Die Ähnlichkeit mit der Nekropole auf Sedlo gilt auch für die Bestimmung der Bestattungszeitspanne der einzelnen Generation. Auf Sedlo wurde die erste Generation im ersten Viertel des 9. Jh. bestattet, die zweite im dritten Viertel, die dritte an der Wende desselben Jahrhunderts, wogegen die Bestattungen der vierten Generation schon im zweiten Viertel des 10. Jh. erfolgten (Sedlo, 146). Ungefähr dieselbe Zeit gilt auch für die Gräber der Nekropole von Bodešče. Berücksichtigt man, daß Bodeh die neue Siedlung noch als junger Mann gründete, kann man sagen, daß dies bereits im letzten Viertel des 8. Jh. stattfand. Zur ersten Fluraufteilung gelangte es in Bodešče dann in den ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Die zwei erweiterten Bebauungseinheiten mit größerer Familienzahl gestalteten sich in der zweiten Hälfte des 9. Jh. aus, während das Land selbst den einzelnen Familien erst nach der Aufgabe der Nekropole zur Bebauung zugeteilt wurde.

Die erörterte Verknüpfung bietet neben der Möglichkeit der Zeiteinordnung der älteren Entwicklungsstufen der Flur auch zahlreiche Möglichkeiten, das damalige Leben der Menschen kennenzulernen, die uns bisher verschlossen waren.

* * *

Die einzelnen Dörfer waren erforscht. Der nächste Schritt war, die Kenntnisse über die einzelnen Dörfer zur Kenntnis über die Bleder Region zu verknüpfen. Ich habe die Dörfer nach den charakteristischen Merkmalen ihrer Entwicklung zu Gruppen verbunden, desgleichen ihre Entwicklungsstufen. Auf diese Weise wurden ideale Ketten der Entwicklungsstufen der Dörfer und der Flur von der Ansiedlung der Slawen weiter geschaffen. Da die Fluraufteilung vom Begriff der Eigentümerschaft abhängt, und der ist aussagend über die Gesellschaft, in der er gilt, kann die Entwicklung der Fluraufteilung von der Entwicklung der Gesellschaft zeugen.

Home       Nach oben